Dieser Industriewanderweg führt durch das Angertal und widmet sich der Frühindustrialisierung, die ohne die Wasserkraft der Anger nicht denkbar gewesen wäre.
Auch der frühere Kalkabbau hat hier seine Spuren hinterlassen.
Von der mittelalterlichen Wasserburg Haus zum Haus führt ein sehr schöner Weg über den Poensgen-Park zum LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford und weiter am Blauen See und an der Auermühle vorbei zur Papierfabrik Bagel. Auch ein Beginn an der ehemaligen Spee'schen Papierfabrik Schüttemühle auf dem früheren Gelände der Angermühle an der Hauser Allee nahe bei der Süd-Dakota-Brücke ist möglich.
Wir starten am Vodafone / D2 Park und enden bei der Papierfabrik.
Der Industriepfad bietet drei Wanderwege an. Zusammengenommen bilden sie eine Strecke von etwa 28 Kilometer, die mit dem Fahrrad in gut drei Stunden zu erkunden ist. Neben selbstständig geführten Touren werden auch geführte angeboten, z.B. über die Touristikinformation.
Die Firma Wayss & Freitag errichtet 1962 auf einer zuvor landwirtschaftlich genutzten Fläche ein Werk für Betonfertigteile. Der Standort war günstig: über die Bahnstrecke zwischen Wülfrath und Duisburg konnte der Kalk angeliefert werden und der Kies kam aus umliegenden Sandgruben. 1979 wurde das Werk stillgelegt.
Bis das Gelände eine neue Nutzung erhielt, verging viel Zeit. Um festzustellen, ob hier Altlasten die Umwelt gefährden, wurde 1989 eine Gefahreneinschätzung durchgeführt. Da dies nicht der Fall war, erfolgte 1991 der Abbruch des Betonwerks und anschließend in mehreren Abschnitten bis 1999 eine Neubebauung.
Wo einst Beton gemischt wurde, steht heute ein moderner Gewerbepark mit einer Nutzungsfläche von ca. 12.000 Quadratmetern für Unternehmen der Telekommunikation. Zunächst hatte die Firma Eutelis hier ihren Sitz, anschließend bezog Vodafone, ehemals D2 Mannesmann, die Gebäude. Das Unternehmen ist heute einer der größten Arbeitgeber in der Stadt. Der Wandel vom Industrie- zum Dienstleistungsstandort ist hier wie auch in anderen Ratinger Stadtteilen zu beobachten.
Die erste urkundliche Nennung der Angermühle geht auf das Jahr 1343 zurück, als Graf Adolf von Berg seine Mühle beim Angerhof an die Stadt Ratingen in Erbpacht gab. Die Einnahmen aus dem mit der Mühle verbundenen Mahlzwang trugen wesentlich zum Reichtum der Stadt bei. Als der Mahlzwang unter preußischer Verwaltung 1811 aufgehoben wurde, verkaufte die Stadt die Mühle 1840 an den Grafen von Spee. Dieser betrieb dort eine Papiermühle, die in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausgebaut wurde. Nach ihrem Verwalter hieß die Papiermühle auch „Schüttemühle“, nach ihrer Lage auch „obere Papierfabrik“, da angerabwärts eine weitere bestand.
Nach Stilllegung der Fabrik bezogen 1913 die „Düsseldorfer Metallwerke, Dipl.-Ing. Alois Siebeck Mühle und Papierfabrik. 1957 wurde der Betrieb, nun unter der Bezeichnung „Siebeck-Metallwerk GmbH“, an die Sand-/Dechenstraße in Ratingen-West verlegt.
Zwischen 1957 und 2007 nutzte das Autohaus Giertz das Gelände.
Der Wuppertaler Kaufmann und Unternehmer Johann Gottfried Brügelmann gründete 1783/84 die Baumwollspinnerei Cromford. Sie gilt heute als erste vollmechanische Baumwollspinnerei auf dem europäischen Kontinent. Die frühindustrielle Anlage aus dem späten 18. Jahrhundert ist fast vollständig erhalten: die „Alte Fabrik“ die fünfstöckige „Hohe Fabrik“, das spätbarocke Herrenhaus, die Arbeiterwohnungen, das Kontor und das Radhaus, das einst das Wasserrad beherbergte.
Die „Hohe Fabrik“ und das Herrenhaus gehören heute zum LVR-Industriemuseum. Das Museum zeigt in der Fabrik den Spinnprozess an originalgetreu nachgebauten Spinnmaschinen des 18. Jahrhunderts. Im Herrenhaus wird das Leben einer der bedeutendsten Unternehmerfamilien ihrer Zeit gezeigt.
Der Kalkstein im Ratinger Gebiet entstand vor etwa 345 Millionen Jahren aus den versteinerten Resten riesiger Korallenriffe. Seit dem 15. Jahrhundert wurde er abgebaut, wovon noch heute zurückgebliebene „Kuhlen“ im Oberbusch zeugen. Die größte und in Ratingen bekannteste, der „Blaue See“, gehörte zu den „Cromforder Kalksteinbrüchen“. Nach dem der Abbau von Kalk und Dolomit 1932 aufgegeben wurde, füllte sich der Steinbruch mit Wasser. Auf dem höher gelegenen Steinbruch, dem „Grauen Loch“, befindet sich die Freilichtbühne.
Im Eingangsbereich zum „Blauen See“ sind Reste von drei Trichteröfen erhalten, in denen Kalk gebrannt wurde. Sie ersetzten um 1850 ältere Schachtöfen. Die ehemaligen Steinbrüche sind heute ein geologisches Naturdenkmal.
Johann Gottfried Brügelmann ließ 1799 in Obercromford ein Fabrikgebäude für seine Baumwollspinnerei errichten, die „Fabrik am Teich“. Die Bezeichnung leitet sich von einem ehemaligen Stausee ab, der das Antriebssystem der Cromforder Spinnereien mit Wasser versorgte. Ein Jahr später baute Brügelmann neben der Fabrik ein Herrenhaus. Nach seinem Tod erbte sein Sohn Jakob Wilhelm „Obercromford“.
1862 wurde in der Fabrik eine Walzenmühle eingerichtet; nach der Stilllegung wurde das Gebäude 1936 abgerissen.
Das heute noch erhaltene Mühlengebäude wurde erstmals 1786 als Ölmühle erwähnt. Zeitweise von Brügelmann als Farbmühle wurde sie später wieder als Ölmühle genutzt. 1983 wurde die Mühle zu Wohnzwecken umgebaut.
Lange Zeit in Vergessenheit geraten, wurde neben einem verlassenen Kalksteinbruch dieser gut erhaltene Kalkofen wieder entdeckt. Spuren von weißlichen Krusten deuten darauf hin, dass in diesem Ofen sogenannter Branntkalk hergestellt wurde.
Bei dem Zwei-Kammer-Brennofen handelt es sich um einen seltenen Typ, der sich gegenüber dem gängigen Trichterofen nicht durchsetzen konnte. Während des Brennvorganges in einer der Kammern konnte die andere ausgeräumt werden und für den nächsten Brand neu beschickt werden. Für die Befeuerung nutzte man Steinkohle.
Vermutlich hat Johann Gottfried Brügelmann den Kalkofen um 1800 für seine Obercromforder Bauvorhaben errichten lassen: Bau der Baumwollspinnerei, sogenannte „Fabrik am Teich“ 1799 und Bau des Herrenhauses in unmittelbarer Nähe 1800.
Der Name der Auermühle bezieht sich auf ihre Lage direkt an der Anger, denn Aue bezeichnet ein Land am Wasser, am Uferrand. Erwähnt wurde die Mühle bereits 1477, aber als Kornmühle wurde sie im Kataster der Gemeinde Eggerscheidt erstmals 1833 aufgeführt. Nachdem das aus dieser Zeit stammende Mühlengebäude abgebrannt war, ließ Müller Heinrich Hausmann um 1900 ein neues errichten. Da sein Betrieb gegenüber den Großmühlen aber nicht mehr konkurrenzfähig war, nutzte er das Gebäude als Restaurationsbetrieb. Und bei dieser Funktion blieb es über die letzten mehr als 100 Jahre. Die Auermühle ist bis heute ein beliebtes Ausflugsziel – nicht nur für die Ratinger Bevölkerung.
Foto- Michael Lumer
Neben der Wasserkraft als Antriebsenergie benötigte man für die Papierherstellung weiches, reines Wasser. Beides lieferte die Anger und ihr Ufer war daher ein idealer Standort für dieses Gewerbe. Mit kurfürstlicher Erlaubnis gründete der Elberfelder Papierhändler Johann Bargmann hier 1789 eine Papiermühle. Im Jahr 1852 erwarb August Bagel den Betrieb und modernisierte ihn: Maschinen ersetzten die Handarbeit, eine Dampfmaschine ergänzte das Wasserrad. Hergestellt wurde Schreib- und Druckpapier für die eigene Druckerei. Bis 1980 produzierte hier die Firma Bagel Papier, danach wurde noch bis 2013 eine Druckerei für Etiketten getrieben. Noch heute ist die Bagel Gruppe in Familienhand und ist eine der leistungsstärksten Druckereigruppen Europas.
Zu den Gebäuden von 1852 gehören das Papierlager, die Bleicherei und das Lumpenlager sowie die eisernen Brücken. Auch die Turbinenanlage ist noch zu sehen.
Heute sind Künstler, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe sowie ein Kindergarten hier ansässig.
Foto- Michael Lumer